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Armenische Kasak Teppiche 2010
Blog-Eintrag #6 erstellt von Artur Telfeyan am 01.09.2010
Unsere Firma hat seit der Unabhängigkeit der Nachfolgestaaten der UdSSR einen Traum gehegt, die Teppiche des Kaukasus, hier vor allem die Teppiche aus dem Kasak-Gebiet, nach ursprünglichen Methoden wieder herzustellen. Dieses Unterfangen war jedoch schwieriger als wir es uns gedacht haben. Bereits 1993 verfasste ich am Institut für Völkerkunde in Wien eine Seminararbeit zum Thema der Teppichproduktion im Kaukasus.
Dabei machte ich eine Bestandsaufnahme, welche Teppiche produziert wurden und wie die Produktion seit der Umstellung der Produktionsweise von Heimarbeit bzw. Herstellung nach Überlieferung auf Designteppiche der Sowjetischen Knüpfkollektive sich verändert hatte.
Anfang 1996 hat mein Vater, Hr. Kevork Telfeyan, Teppiche aus dem Bestand der staatlichen armenischen Knüpfmanufaktur gekauft, die anständig in der Herstellung sind, jedoch mit der traditionellen Herstellungsweise nichts gemeinsam haben:
Ich versuchte daher die gröbsten Unterschiede gegenüberzustellen:
Traditionelle kaukasische Teppiche vor 1930 Sowjetische Produktion nach 1930 Struktur (Schuss & Kette) auf Schafwolle Struktur auf Baumwolle Florwolle aus heimischer Wolle (Balbaz-Sorte in Armenien – laut Reiseberichten von Erdmann) Flormaterial – Sukzessive Import ausländischer Wolle, sehr oft stumpfer Wolle. Flor handversponnene Wolle – Handversponnene Wolle ist langfaseriger Wolle wurde maschinversponnen – dadurch gleichmäßiger Charakter Abschlüsse (Fransen und Seitenkanten) wurden je nach Region, traditionell geflochten, verknotet etc. Daher waren die Abschlüsse ein Unterscheidungsmerkmal Abschlüsse wurden einfach abgenäht, meist mit einer Kelimborte. Keine traditionellen Abschlüsse mehr. Färbung ausschließlich mit Pflanzen- und Naturfarbstoffen Chemische Farben Muster wurden in jeder Region von Generation zu Generation überliefert. Füllmuster wurden nach eigener Intuition und Phantasie eingeknüpft Traditionelle Muster aus dem Kaukasus, dem Iran oder Sowjetische Elemente wurden von Designern entworfen. Knüpferin musste sich streng an die Vorlagen halten, ansonsten wurde ihre Arbeit nicht bezahlt. Individualität Symmetrie Orginales Sammlerstück Brave Manufakturarbeit, leider mit mangelndem Eigencharakter, daher nicht sehr gefragt.
Vor 2 Jahren habe ich an der Universität für Ethnoloie und Volkskunde in Yerevan Armenien eine Studie in Auftrag gegeben, die mir feststellen sollte, wieviel von der traditionellen Herstellungsmethode noch bekannt und wieviele Personen die einzelnen Arbeitsschritte noch beherrschen. Im Frühjahr 2009 war es dann soweit. Ich konnte aus dem Ergebnis der Studie erkennen, dass die technischen Knüpfmethoden, Abschlüsse etc. noch bekannt waren. Die Färbemethoden der Pflanzen- und Naturfarben war nicht mehr im Einsatz, jedoch gibt es vereinzelt sehr alte Damen, die noch ein gewissen Fundus an Färbemethoden kennen.
Aus meiner Studien- und Ausbildungszeit hatte ich noch einen gewissen Kenntnisstand der Pflanzen- und Naturfärberei, die ich daraufhin auffrischte und ausbaute, um vor Ort in Armenien, die Versuche mitzugestalten und diese Kernkompetenz zu dokumentieren.
Das Schwierigste jedoch war es, die ursprüngliche Schafsorte wieder zu entdecken und händisch zu verspinnen etc. Eingie Reisende aus dem späten 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben Schafrassen, die über 70 KG wogen, wohingegen die heutigen Schafsorten maximal 45 – 50 KG wiegen. Daher haben wir die heimische Schafsorte Balbaz (Abbildung 1) mit einer zentralasiatischen Schafsorte gekreuzt. Das Ergebnis ist zwar nicht die alte Wollsorte, aber eine Wollsorte, die sehr gut für die Knüpfung von Teppichen geeignet ist.
Im Frühjahr 2010 haben wir mit der Färbeprozessen begonnen. Dabei haben wir naturbelassene, gewaschene Wollstränge (ca. 3-4 Kg) pro Färbegang verwendet, um diese mit den jeweiligen Pflanzen- und Naturfarbstoffen einzufärben. Dabei war es interessant inwiefern die einzelnen Farbtöne möglichst im gleichen Farbton reproduzierbar sind. Wir konnten hier mehr als 120 Farbnuancen herstellen, die auch tatsächlich reproduzierbar sind
Im April 2010 haben wir die „Experiment-Phase“ beendet und konnten von April – Juli 2010 die Knüpfung der ersten 4 „Prototypen“ Armenischer Teppiche beginnen. Dabei haben wir einerseits auf den Einsatz von der regionalen Musterung, als auch die strukturellen Eigenheiten jeder Region Rücksicht genommen. Z. B. wurden der Karachoph-Kasak Teppich (Abbildung 2) mit der üblichen strukturellen Schichtung, das ist der Winkel der Knoten zueinander) und dem üblichen Teppichabschluss hergestellt.
Desweiteren wurde beim Schild-Kasak (Abbildung 3) die Kette mit 2-färbiger handversponnener Wolle hergestellt. Diese Methode der Kettherstellung war im Sewansee-Gebiet üblich. Die Farben des Sewan Kasaks sind ausschließlich Pflanzen- und Naturfarben (Rot=Krappwurzel (Abbildung 4), Blau=Indigo, Gelb=Wau (lat. Reseda luteola)(Abbildung 5), Grün=Mischung aus Indigo und Wau, Naturbelassene weiße Wolle und Naturbelassene Braune Schafwolle. Auf dem 6. Photo haben wir den „berühmten“ hellgrundigen Stern-Kasak (Abbildung 6) als Vorlage für unseren Teppich verwendet. Auch hier ist die Kette, wie in dieser Region üblich aus 2-färbigen Schafwolle hergestellt. Die Knüpfung ist in der selben Schichtung (Winkel) und Form. Besonders herausstreichen möchte ich hierbei den sogenannten „Pallas“-Abschluss (Abbildung 7), einen Fransenabschluss, der typisch in dieser Region ist. Die Fransen werden zu einem Gewebe zusammenflochten, so dass diese wesentlich resistenter sind, als wenn sie „frei“ geschnitten werden. Zu besichtigen sind die Proto-Typen der Kasak-Teppiche ab sofort bei uns im Geschäft.
- Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4 Abbildung 5 Abbildung 6 Abbildung 7