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Der Unterschied zwischen einem Original“-Gabbeh aus dem Iran und einem „Kaufhaus“-Gabbeh.
Blog-Eintrag #12 erstellt von Artur Telfeyan am 15.01.2012
Der Gabbeh war ursprünglich ein „Bett“-Teppich der Nomaden im Iran. Die Bachtiaren, die Luren und die Kashg´ai-Konföderation sind die bekanntesten Hersteller der Gabbehs (Abbildung 1).
In den 1980 Jahren begann man mit der Produktion von „modernen“ Gabbehs, wobei die ursprünglichen Muster zunächst beibehalten wurden (Abbildung 2). Charakteristisch für die „authentischen“ Gabbehs ist und war die Ursprünglichkeit ihrer Erzeugnisse. Das bedeutet, dass der Gabbeh durch mehrere Faktoren „bewertet“ wird: Authentizität der Wolle, Beibehaltung von pflanzlichen und natürlichen Farbstoffen bzw. naturbelassene Wollfarbe (helle und dunkle Schafe) und die daraus resultierenden Abraschen (Farbvariationen in der selben Farbe), Beibehaltung der ursprünglichen Muster mit ihren charakteristischen Unregelmäßigkeiten, Charakteristische Seitenkanten- und Fransenabschlüsse, Schuss- und Kette auf Schafwolle und daraus resultierend unregelmäßige Knüpfsturktur (Rückseite unregelmäßig) .
Hier seien noch einige erklärende Bemerkungen erlaubt: Unter Authentizität der Wolle versteht man, dass die Wolle aus der selben Gegend stammt, wie der geknüpfte Teppich. Also bei den Kashg´ai Nomaden sollte das die Wolle aus der Gegend rund um Schiraz sein (Abbildung 3), bei den Bakhtiari sollte das die Gegend von Chahar Mahal sein etc. Die Nomaden, die ihre eigene Schafherde besitzen verwenden diese Wolle dann auch zur Herstellung der Gabbehs, die ursprünglich nur für den Eigengebrauch (Subsistenz) verwendet wurde. Pflanzliche und Natürliche Farbstoffe wurden und werden immer wieder in eigenen Blog Beiträgen diskutiert. Hier nur soviel, dass sämtliche Farbstoffe aus den für den Nomaden zugänglichen Pflanzen, Mineral und tierischen Farbstoffen hergestellt werden. Die Ausnahme stellt lediglich das Indigo dar, welches zugekauft wurde, aber ebenso natürlichen Ursprungs ist. Die Ursprünglichkeit der Muster bei den iranischen Nomaden wurde durch die mündliche Überlieferung von Generation zu Generation sichergestellt. Teilweise wurden die Muster aus der „Vorstellung“ der Knüpferin hergestellt, wodurch reizvolle Unregelmäßigkeiten entstanden, die einen „echten“ Gabbeh erst reizvoll machen (Abbildung 4). Die traditionelle Seitenkanten- und Fransenab-schlüsse sind ein weiteres Charakteristikum der Teppiche der Nomaden in Iran. Beispielsweise umwickeln die Gashg´ai Nomaden ihre Teppiche ausnahmslos in einer zweifärbigen Kettelung der Seitenkante (Shirazeh genannt)(Siehe Photo 5). Der Ober- und Unterkantenabschluss wird meist geflochten und auf der Teppichrückseite befestigt (Siehe Photo 6). Die Kette(=Fransen, die durch den gesamten Teppich verlaufen) und der Schuss (Webreihen, die zur Befestigung der Knoten dienen) sind ausschließlich aus Wolle. Durch die Weichheit der Wolle sieht der Teppichrücken meist unregelmäßiger aus und der Griff der Teppiche ist weicher (Siehe Photo 7).
Diese oben genannten Merkmale sind auch heute noch bei den „traditionell“ hergestellten Gabbehs zu finden.
Im Gegensatz dazu haben die Kaufhausqualitäten viele oder alle dieser Charakteristika nicht. Ich habe hier einen Kaufhaus-Gabbeh von einem Kunden abgebildet (Siehe Photo 8). Dieser hat weder eine ansprechende Wollqualität, die meist entweder mindere Restwolle bzw. bei besseren Qualitäten Neuseeland Wolle ist, die jedoch nichts mit der persischen Wollqualitäten gemeinsam haben. Selbst die Neuseeland Wolle, die an sich gut ist, hat fast keinen Glanz. Die Restwolle, die hier verwendet wurde, nutzt sich innerhalb von einigen Jahren ab. Die Färbung sind rein chemische Farben, wodurch der Teppich zusätzlich etwas „maschinell“ wirkt. Das selbe gilt für die Phantasielosigkeit der Muster, die keine Unregelmäßigkeiten zeigen. Die Knotenart entspricht auch nicht den iranischen Originalen, welche zumeist den Doppelknoten bzw. den türkischen Knoten verwenden, sondern wird mit dem persischen Knoten verarbeitet (Siehe Photo 9). Die Seitenkanten wurden einfärbig eventuell sogar maschinell gekettelt (Photo 10). Die Fransen sind auch lose und nicht geflochten, was neben der mangelnden Ursprünglichkeit auch nicht so lange hält wie die geflochtene und auf der Rückseite befestigte Fransenabschluss-methode (Siehe Photo 11). Das letzte Sakrileg, welches wir feststellen müssen, ist die Verwendung von Baumwolle für die Kette (Fransen) und dem Schuss, wodurch der Teppich brettartig liegt. Auch sieht der Teppichrücken dadurch fast erschreckend gleichmäßig aus (Siehe Photo 12).
Die „Kaufhaus“ Gabbeh im Gegensatz eignet sich optimal für den „Einsatz“ von Kindern und minder geschulten Personen, da die Musterung sehr einfach zu knüpfen ist und die Knüpfung grob. Die Mengen (mehrere Tausend Quadratmeter pro Jahr) machen es für den Einkäufer der Kaufhäuser unmöglich jede Manufaktur und deren Bedingungen zu überprüfen und es wird unbeschwert gekauft, so lange niemand sich darüber aufregt. Da helfen auch keine „Labels“ und keine „Zertifikate“.
Daher auch bei der Nomadenware gilt einmal mehr. Lieber beim Fachmann kaufen, der sich für die angebotene Qualität verbürgt und sicherstellt, dass auch alle ethischen und ökologischen Maßstäbe eingehalten werden.
- Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4